Foto links
1996:
Kaum zu glauben: Vor 10 Jahren wurden noch Triebzüge der Baureihe in Serie hergestellt!
420 475-6 präsentierte sich am 22. Januar 1996 bei Köln Deutz in einem solch einzigartig, makellosen Zustand, das man schon fast an eine Fata Morgana glauben möchte.
Foto: Rainer Nörenberg |
www.rainersbahnbilder.de
Wir leben in einer schnelllebigen Zeit. Da wurden noch bis vor 8 Jahren neue Triebzüge auf die Schiene gesetzt, für die heute schon ein Modernisierungsprogramm aufgelegt wird.
Wie das aussehen könnte, kann man an dem Bild von 420 900-3, oben rechts, betrachten:
Das Redesign eines "Teenagers"! Zwar hat 420 400 seine Volljährigkeit noch nicht erreicht, doch im modernen Eisenbahnzeitalter gilt man schnell als veraltet. Also, nichts wie los zum Schönheitschirugen, der auch sofort Hammer und Schweißbrenner anlegt.
Das Ergebnis ist ein Fahrzeug das den neu definierten Bedürfnissen des modernen Bahnreisens entspricht. Dazu gehören nützliche Dinge wie Notrufeinrichtungen, Türtaster und Türschließautomatik, aber auch die heutzutage obligatorische Innenraumklimatisierung. Ganz nebenbei kann die Bahn AG ihr durchgehendes Farb -und Einrichtungskonzept auch bei diesen Fahrzeugen verwirklichen.
Ganz klar: Wer den 420er schätzt, sollte diese Maßnahme als Chance verstehen. Es ist in anbetracht der Realitäten, wohl auch die einzige Chance um nicht in kürzester Zeit auf das Altenteil verschoben zu werden. Da hilft es auch nicht, wenn man sich für einen Moment klar macht wie wahnwitzig eine solche Entscheidung wäre. Gegen den Zeitgeist ist leider kein Kraut gewachsen.
Doch das Redesignprogramm "ET420Plus" lässt auch einen eingefleischten 420 Anhänger schon mal vergessen, das auch diese Triebzüge vor einigen Jahren noch so aussahen, wie 420 475 auf dem Bild oben links. Gerade mal 8 bis 16 Jahre haben die Fahrzeuge auf dem Buckel, die nun Kandidaten für das Umbauprogramm geworden sind.
Natürlich wäre es zu Bundesbahnzeiten in den 70er und 80er Jahren kaum denkbar gewesen, solche Fahrzeuge nach wenigen Jahren schon grundlegend umzubauen.
In jenen Jahren war die Bundesbahn schon froh, wenn sie 50 bis 60 Jahre altes Fahrzeugmaterial durch neues ersetzen konnte.
So haben sich die Maßstäbe verschoben.
Als 420 475 auf das Foto oben links gebannt wurde, zählte man das Jahr 1996. Noch zu diesem Zeitpunkt, die Deutsche Bahn hatte bereits mit dem Modernisierungsprogramm begonnen, galt die Beschaffung neuer Fahrzeuge der Baureihe 420 durchaus als Fortschritt und Qualitätsverbesserung.
Das ist gerade mal 10 Jahre her.
Doch wer damals schon genau hinsah, der hätte die Entwicklung bereits erkennen können. Zunächst schien sich der Trend zur Fuhrparkverjüngung nur auf wirklich alte Fahrzeuge zu konzentrieren. Soweit war das noch nachvollziehbar. Doch als auch zunehmend Baureihen in das Fadenkreuz der Erneuerung gerieten, die nach bis dahin einhelliger Meinung nicht zum "Alten Eisen" gezählt wurden, machte sich allmählich der Anbruch einer neuen Epoche bemerkbar. Dies war um die Jahrtausendwende deutlich spürbar geworden.
Die Zeit in der Welt der Eisenbahnen begann sich merklich zu beschleunigen. In kürzester Zeit gerieten auch Fahrzeuge der Baureihe 420 auf die Abschussliste.
Fahrzeuge einer Baureihe, die man z.B. im Jahre 1992 mit der Eröffnung des Flughafens im Erdinger Moos noch stolz als Vorzeigeobjekte eines modernen S-Bahnverkehrs vorgestellte.
Auch vier Jahre später galt das noch für diese Baureihe, die zu diesem Zeitpunkt immer noch gebaut wurde.
So wie eben jener 420 475, der hier oben links abgebildet ist.
Der Triebzug, dessen Abnahmedatum drei Tage später datiert ist als der Zeitpunkt dieser Aufnahme, war scheinbar an jenem 22. Januar 1996 auf Überführungsfahrt vom DUEWAG Werk in Krefeld zum AW in Opladen.
Diese führte durch den belebten Kölner Hauptbahnhof über die Hohenzollernbrücke nach Deutz.
Ein Fahrzeug, wie aus dem Ei gepellt.
Nichts was den Betrachter vermuten lassen könnte, das Fahrzeuge dieser Gattung schon wenige Jahre später Gegenstand zumeist polemischer Kritik werden sollten.
Nachdem diese Baureihe schon seit 1971 unschätzbare Dienste geleistet hatte und stets zuverlässig das schwere Tagwerk eines leistungsfähigen S-Bahnverkehrs verrichtete, traten plötzlich die Kämpfer eines "modernen Eisenbahnverkehrs" auf den Plan. Zumeist aus der Presse, aber u.a. aus politischen Kreisen rekrutierten sich diese Personen. Beide Personenkreise glauben bis heute, man müsse nur vor der &oouml;ffentlichkeit lautstark den Einsatz der neuesten Fahrzeuge fordern und schon bekäme man deren ungeteilte Zustimmung. Die Presse transportierte diese Denkweise in die Köpfe vieler Menschen, denen von einen auf den anderen Tag die Eisenbahn plötzlich "anachronistisch", "gammelig" und "veraltet" vorkam.
Wem diese Ausführungen zu theoretisch vorkommen, dem sei mit einem Beispiel gedient, welches mit einer provokanten Frage eingeleitet werden soll:
S-Bahn Hamburg, 1979:
Die Baureihe 471 zählt zu diesem Zeitpunkt etwa zwischen 40 und 30 Lenze. Die Baureihe 470 hat gerade ein Alter von 10 bis 20 Jahren erreicht.
Frage: Wie oft wurde in der Tagespresse gefordert, man solle doch die "Schrottzüge" bitte umgehend ausrangieren? Wo waren die Politiker, die vehement von der Bahn forderten, sie solle bitte ihre Fahrgäste nicht mit solch veralteten Züge vergraulen. Wo war die aufgebrachte &oouml;ffentlichkeit, die es "satt" hatte mit solchen "gammeligen" Bahnen fahren zu müssen?
Die Antwort ist ganz einfach: Es gab sie nicht!
Die Hamburger S-Bahn hatte zu diesem Zeitpunkt einen guten Ruf. Und das trotz eines Fahrzeugparks, der wohl heutzutage mit dem oben aufgeführten Vokabular bedacht werden würde.
Die damalige Erneuerung des Fahrzeugparks durch die Baureihe 472 erfolgte vor allem wegen der Netzerweiterung und erst in zweiten Schritt nach technischen Gesichtspunkten, die eine Modernisierung über einen langen Zeitraum vorsah.
Was damals Konsens und vernünftig zu Begründen war, sowohl nach technischen wie auch nach wirtschaftlichen Geschichtspunkten, würde heute schnell als "zurückgeblieben" und "nicht wettbewerbsfähig" abgetan werden.
So brach auch in Hamburg irgendwann die neue Zeit an. Das war zu dem Zeitpunkt, als dies auch in München geschah. Und hier liegt der Witz: Als in Hamburg die letzten 471 und 470 mit ihrer z.T. über 50 Jahre währenden Einsatzzeit verabschiedet wurden, machte man in München das Gleiche. Nur mit dem Unterschied das deren Fahrzeuge gerade mal 25 bis 35 Jahre Jahre zählten! Und weil das nicht reichte, schob man sogar 6 bis 11 Jahre alte Neubaufahrzeuge der 7. und 8.Bauserie in andere Einsatzgebiete ab.
Ein milliardenschwerer Modernisierungswahn war über das Land gegangen über das die Menschen vor 25 Jahren noch den Kopf geschüttelt hätten.
Heute besteht der Konsens scheinbar darin, das eine Eisenbahn nicht das Mitreisen wert ist, wenn das Fahrzeug äußerlich nicht das Aussehen eines ICE hat und im inneren keine Klimaanlage und blaue Sitzbezüge bietet.
So ist es nur konsequent, wenn man in Stuttgart die Zeichen der Zeit erkannt hat und den jüngsten 420er schon jetzt eine Verjüngungskur zukommen lässt. Wer heutzutage vernünftig handeln möchte, der muss das so tun wie die zuständigen Leute aus dem Land wo seit jeher die "Kleverles" herkommen. Die wertbeständigen Fahrzeuge haben so doch noch eine Zukunft, wo sonst schon nach kurzer Zeit - wider aller Vernunft - lautstark der Einsatz des Schrotthändlers gefordert wird.
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