Die Triebfahrzeuge der
Baureihe ET420/421
werden noch heute von der Fachwelt beinahe einstimmig als eine ausgesprochen gelungene Entwicklung eines Nahverkehrstriebwagens gewertet.
Durch eine gründliche Forschung und gewissenhafte Entwicklung ist der ET420 ein leistungsfähiges Fahrzeug, dass den gestellten Anforderungen eines modernen S-Bahntriebzuges von Beginn an gerecht wurde.
420 001 neben 420 430.
28 Jahre Entwicklung und dennoch EINE grosse Familie.
Der beste Beweis ist die Solidität des Fahrzeugkonzepts und die Entwicklungsfähigkeit, welche dazu führte das dieses Fahrzeug mit einer Gesamtstückzahl von 480 Einheiten in einer Zeitspanne von 28 Jahre gebaut wurde.
Mit dieser beeindruckenden Leistung steht der 420er im deutschen Fahrzeugbau nahezu für sich alleine.
Kompatibilität: Jeder kann mit jedem...
Foto: Michael Sauer
Basierend auf die drei
Vorserienfahrzeuge, die im Allgemeinen zu der ihnen unmittelbar nachgefolgten 1.Bauserie dazugerechnet werden, wurden die 497 Serienfahrzeuge in insgesamt 8 Bauserien gefertigt.
Hier eine Übersicht mit Merkmalen und Besonderheiten zur Zeit ihrer Auslieferungen:
Indienststellung: 12.69 - 02.70
Einsatz: Testfahrzeuge im Probebetrieb, ab 1971 Linienbetrieb in München.
Merkmale: Stahlendwagen, Lackierungsvarianten in
Popfarben go, gb und gk.
Besonderheit: Gegenüber den Serienfahrzeugen abweichende Baupläne.
Heute:
- 420 001 ist Museumszug der Münchner
S-Bahn
- Endwagen 420 002-8 steht im Verkehrsmuseum München - Rest ist verschrottet
- 420 003 wurde 2003 verschrottet
Indienststellung: 12.70 - 08.72
Einsatz: München, Stockholm (2002 - 2005)
Merkmale: Stahlendwagen, Lackierung in Popfarben kieselgrau/blau (gb).
Besonderheit: Zwei 1. Klasseabteile im
ET421 (Raucher / Nichtraucher)
Heute: Die 1. Bauserie ist vollständig verschrottet worden (2006)
Indienststellung: 07.72 - 12.75
Einsatz: München, Düsseldorf (70/80er), Frankfurt (70 - 90er), jetzt Essen.
Merkmale: Stahlendwagen bis 420 130 bzw. 630, Lackierung in kieselgrau/blau und kieselgrau/orange, je nach zugeordnetem Einsatzgebiet. 420 122 wurde mit beiden Lackvarianten ausgeliefert (Versehen bei Endarbeiten an
A-Wagen).
Besonderheit: Zwei 1. Klasseabteile im
ET421 (Raucher / Nichtraucher)
Heute: Nur noch wenige Wagen bei der S-Bahn Rhein-Ruhr
Indienststellung: 11.76 - 06.78
Einsatz: Frankfurt, anfangs auch Stuttgart, seit 2005 auch Essen
Merkmale: Lackierung in kieselgrau/orange (go)
Besonderheit: Keine manuelle Aufrüstung mehr = "Batterieschütz ein".
Heute: Rückläufiger Bestand in Frankfurt, wenige Wagen bei S-Bahn Rhein-Ruhr
Indienststellung: 01.79 - 05.79
Einsatz: Frankfurt, zeitweise Düsseldorf, anfangs auch Stuttgart.
Merkmale: Lackierung in kieselgrau/orange (go), blaue Hinweistafeln am Einstieg
Besonderheit: Einführung der "Geatronic"
Heute: Beheimatung ausschließlich in Frankfurt
Indienststellung: 05.79 - 08.80
Einsatz: Stuttgart, anfangs auch München, jetzt auch Frankfurt.
Merkmale: Lackierung in kieselgrau/orange (go), blaue Hinweistafeln am Einstieg.
Heute: Stark dezimierter Bestand in Frankfurt und Essen
Indienststellung: 08.80 - 07.81
Einsatz: Stuttgart, anfangs auch München.
Merkmale: Lackierung in kieselgrau/orange (go), blaue Hinweistafeln am Einstieg.
Heute: Seit 2005 nur noch in Essen
Indienststellung: 10.89 - 03.93
Einsatz: Stuttgart und München (bis 2004).
Merkmale: Federspeicherbremse, Schwenkschiebetüren, Lack in orange/weiss (ow).
Besonderheit: 6 Einheiten als "Munich Airport Line". (Bauserie 7A)
Heute: Bestand vollzählig und vollständig in Plochingen beheimatet
Zwei Einheiten als Versuchsträger "ET420Plus" (420 400 und 420 416).
Indienststellung: 12.93 - 10.97
Einsatz: Stuttgart und München (bis 2004).
Merkmale: Federspeicherbremse, Schwenkschiebetüren, Lack in orange/weiss (ow).
Besonderheit: Schwenkschiebetüren mit zusätzlichen Warnton.
Heute: Bestand vollzählig und vollständig in Plochingen beheimatet.
Die Baureihe 420 hat was die Gestaltung seines Äusseren angeht, durch ein zeitloses Design in der Entwicklung von 30 Jahren sein Gesicht kaum verändern müssen.
So ist vom Urvater 420 001 bis zum zuletzt ausgelieferten 420 486 die Baureihe 420 als eine grosse Familie erkennbar.
Technisch unterscheiden sich die Fahrzeuge jedoch schon erheblich, sind die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte doch stets in die laufenden Bauserien eingeflossen.
So ist es durchaus interessant, wenn man einen nheren Blick auf die einzelnen Bauserien und ihre Unterscheide untereinander wirft.
Der Stahlrahmen in Leichtbauweise. Dieser ist erkennbar an der offenen Bauform über dem Drehgestell.
Foto: Manuel Gründler
Fahrzeugrahmen
Die Endwagen der Baureihe 420 wurden bis zur Fahrzeugnummer 420 130, bzw. 420 630 aus Stahl in Leichtbauweise hergestellt.
Erkennbar sind diese Fahrzeuge durch einen "schlankeren" Rahmen.
Ab dem elften Fahrzeug der zweiten Bauserie sind die Rahmen anders als bei den vorhergehenden Fahrzeugen geformt.
Die Einheiten ab den Nummern 420 131ff aufwrts sind zur Gewichtseinsparung vollständig aus Aluminim gefertigt.
Die Mittelwagen, auch die ersten 130, bestehen alle aus Aluminium obwohl die Mittelwagen 421 001 bis 421 130 auch eine "offene" Bauform am Rahmen haben.
Das Blech bei der offenen Bauform dient zum Schutz der Luftfeder die sich unmittelbar dahinter befindet, nicht wie oftmals behauptet um Beschriftungselemente aufzunehmen die sonst keinen Platz mehr gehabt hätten.
Obwohl der Wechsel zu einer vollständigen Ausführung in Aluminium in der laufenden 2.Bauserie geschah, unterscheiden sich die Einheiten der 1. und 2. Bauserie und auch die Fahrzeuge innerhalb der 2.Bauserie selbst kaum voneinander.
Der Rahmen in Aluminiumbauweise. Durchgängige Kante auch über dem Drehgestell.
Foto: Manuel Gründler
Von der 2. zur 3. Bauserie
Wesentliche Veränderungen unterscheiden die ersten beiden Bauserie dagegen gegenüber den darauffolgenden.
So müssen die Fahrzeuge der ersten Bauserien noch aufgerüstet werden, wie das auch bei einer E-Lok geschieht. Das bedeutet:
Sonderluftbehlter aufmachen, KS Hilsbetriebe ein, KS Hilfsluftpresser usw.
Ab der dritten Bauserie werden diese Handgriffe durch den Kipptaster "Batterieschütz ein" in einem einzigen Schritt alleine vom Führerstand ausgeführt.
Weitere unterschiede zeigen sich in der Schaltung zum automatischen Türschließauftrag durch den Fahrschalter.
Bei den ersten beiden Serien erfolgt der Türschließauftrag automatisch, ausgelöst durch den Kontakt "Kontakt b5", wenn mit dem Fahr-Brems-Schalter die Stellung "Trennschütze ein" (eine Stellung weiter vorne, als die Nullstellung) eingenommen wird.
Diese Schaltung ist ab der dritten Bauserie entfallen, wobei bei allen Nachfolgeserien der Zwangsschließauftrag durch das Schaltgerät für Türen erfolgt.
Das hat zur Folge, dass die Türen bei Überschreitung von 8 km/h automatisch mit Schließdruck beaufschlagt werden.
Ab der 4. Bauserie
Von der dritten zur vierten Serie ist die Steuerungselektronik gendert worden, betrachtet man bei den ersten Serien den Führerstand von vorne, so kann man die "lange Anna" erkennen, ein hoher Elektronikschrank mit Sichtfenster und Einschüben nach vorne.
Ab der vierten Serie hingegen sind die Einschübe wesentlich kleiner und quer zur Fahrzeugachse zu entnehmen. Demzufolge ist auch das Sichtfenster seitlich angeordnet.
Als "Geatronic" wird diese Neuerung der Elektronik bezeichnet.
Die Schaltungsgeschwindigkeit der "lange Anna" ist ein wenig schneller.
Dies merkt man, wenn in München mit einem Langzug bestehend aus Fahrzeugen der 1./2. Serie zusammen mit welchen der 7. oder 8.Bauserie anhand des Steilstreckentaster angefahren wird.
Der Steilstreckentaster gibt die Trennschütze und somit die Leistung zum Beschleunigen auch dann frei wenn die Bremse noch fest ist, damit wird das Zurückrollen des Fahrzeugs am Berg vermieden.
Die Fahrzeuge der vierten bis sechsten Bauserie sind nahezu Baugleich. Einziges Detail das auch nur Insidern auffällt ist, dass ab Einheit 420 325ff Beschriftungen in genderter Form angebracht sind.
Markenzeichen aller Einheiten der 7. und 8.Bauserie: Die Schwenkschiebetüren.
Foto: Michael Sauer
7. und 8. Bauserie - die Nachzügler
Von der siebten Serie an bilden die Türen den wohl auffälligsten Unterschied zu den vorhergehenden Generationen.
Die Zeitspanne von etwa acht Jahren zwischen den zuletzt ausgelieferten Fahrzeugen der 6. Bauserie (Juli 1981) und dieser Neuauflage (ab Oktober 1989) macht sich durchaus bemerkbar.
Technik und Design sind in diesem Zeitraum nicht stehengeblieben und so zeigt sich auch der Innenraum transparent in neuen Farben und weitgehend frei von Trennwänden.
Er widerspiegelt den Standart, der zu dieser Zeit unter dem Motto der "neuen Bahn" gesetzt wurde.
Neben den gewohnten Elementen, wie z.B. das grosse durchgehend mittige Lichtband an der Decke, kamen neue Materialien in Form von Edelstahl und Glas zur Anwendung.
Diese Elemente, wie auch die mit einem Stoffbezug gepolsterten Sitze zogen später im Zuge des
Redesign-Programms
auch in den Fahrzeuge lterer Baujahre ein.
Auch von der technischen Seite wurden Neuerungen vorgenommen:
Zum Beispiel der Entfall der Handbremsen zugunsten des Einsatzes von Federspeicherbremsen, die leichter zu bedienen sind und auch besser halten, als die Handbremsen.
Mit dem unaufhaltsamen technischen Fortschritt kam es zudem zu Änderungen bei der Steuerung der Fahrzeuge.
Es kommt jetzt eine Steuerung vom Typ SIBAS 16 der Firma Siemens statt der AEG Geatronic zum Einsatz (der Rechnerschrank wird aber unter Eisenbahnern dennoch oft als Geatronic-Schrank bezeichnet).
Der Rechner zeigt nun etwaige Störungen auf zwei übereinander liegenden Displays an.
Meist ist allerdings oben und unten je ein "F" sichtbar, was soviel wie "Fehler Frei" bedeutet.
Auch die Stromrichter wurden dank der nun verfügbaren leistungsstärkeren Halbleiterbauteile deutlich vereinfacht. (Parallelschaltung von Bauteilen ist entfallen).
Verändert wurde zudem die Steuerung der Drucklufterägnzungsbremse mit der SIBAS 16 der 7. und 8.Bauserie.
Dies macht sich immer dann bemerkbar, wenn der Tf einen "alten" und einen "neuen" 420er gekuppelt fährt und einen Halteruck durch teilweise Auslösen vermeiden will.
Die Bremskraft der E-Bremse und die Leistung zum Beschleunigen ist auch ein wenig stärker gedrosselt, als bei den ersten sechs Serien.
Eine wesentliche Veränderung ist aber die doppelte mechanische Bremsausrüstung der letzten beiden Bauserien.
Mit zwei Bremsscheiben pro Radsatz wurden diese gegenüber den früheren Bauserien glatt verdoppelt.
Allerdings sind sie soweit begrenzt, dass die so verstrkten Fahrzeuge problemlos mit den "Halbgebremsten" der ersten bis sechsten Bauserie fahren können.
Siebte und achte Bauserienfahrzeuge unterscheiden sich untereinander wiederum nur in Detailfragen.
So wurden zum Beispiel die Bandleuchten im Fahrgastraum noch einmal leicht verändert und die Türen der 8.Bauserie geben einen Warnton (Piep-Töne) kurz vor und während des Türschließvorgangs ab.
Außerdem haben die Züge der 8.Bauserie sowie die Züge der sogenannten Bauserie "7A" an den Türen Trittroste im Aluschutzbord, während die Züge der 7. Bauserie ein durchgehendes Alubord haben.
(mg/mw/cs/dm)
28.05.2008